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Riesenbecker Sixdays – ein mehrtägiges Laufevent der besonderen Art

140 km in 6 aufeinander folgenden Tagen

Mai 2022

Münster

Riesenbecker Sixdays – ein mehrtägiges Laufevent der besonderen Art

140 km in 6 aufeinander folgenden Tagen

Bericht von Vera Plate

Bei den Riesenbecker Sixdays handelt es sich um ein Laufevent, welches nur alle zwei Jahre stattfindet und 140 km in 6 aufeinander folgenden Tagen verspricht.

Da mir diese Veranstaltung wärmstens empfohlen worden war, hatte ich mich letztes Jahr angemeldet, nicht ahnend, welche Herausforderungen sich die Läufer:innen stellen müssen und dass zusätzlich meine Vorbereitung aufgrund der Arbeit alles andere als optimal sein würde. So fuhr ich also mit null Höhenmetern im Gepäck zu einer Veranstaltung, die jeden Tag reichlich davon zu bieten hatte. Mein Ziel war daher einfach nur, alle sechs Etappen durchzuhalten und die Landschaft zu genießen. Damit war ich aber nicht alleine, denn sehr viele der Starter:innen erschienen mir aus dem Ultra-Bereich zu kommen. Während die anderen jedoch eher ein stetiges Tempo bevorzugten, habe ich auf eine gleichmäßige Belastung gesetzt: Im Flachen locker traben, die Anstiege hoch gehen, aber bergab nicht bremsen und einfach laufen lassen. Hauptsache im Zeitlimit bleiben, damit man am nächsten Tag zur nächsten Etappe antreten darf!

Sehr positiv überrascht hat mich vorab schon die Organisation: Bei der Ausgabe der Unterlagen gab es gleich einen mit der eigenen Nummer beschrifteten Beutel für Wechselklamotten, den man kurz vorm Start abgeben und am Ziel wieder entgegennehmen konnte. Auch als sehr schlau empfand ich, dass es Transferbusse gab, die die Läufer vom Ziel zum Start gebracht haben, statt sie nach dem Ziel wieder zum Start zu fahren. Die Teilnehmerfotos sind bereits im Startgeld mit inkludiert, so dass sich jeder alle Fotos in voller Auflösung herunterladen und frei nutzen kann. Zusätzlich gab es bei fünf der sechs Etappen immer eine Besonderheit im Ziel, sei es Stelzenläufer, Trommelgruppen, Cheerleader, Sambatänzerinnen usw. Es war also fast jeden Tag so eine Art kleines Volksfest. Mit dazu beigetragen haben auch die Zuschauer, die entlang der Strecke und im Ziel ausgiebig jeden Läufer gefeiert und motiviert haben. Einige haben sogar die Läufer:innen auf eigene Kosten zusätzlich mit Getränken und Schokolade versorgt.

Hier ein kurzer Überblick zu den Etappen:
1. Etappe Riesenbeck – Ibbenbüren, 19.1 km, 134 HM: Zum Einstieg geht es über die flachste Etappe, die nur am Ende einen An- und Abstieg hat. Man warnte uns jedoch schon vorher davor, diese Strecke zu schnell anzugehen, das würde sich im Laufe der weiteren Etappen noch rächen. Somit sparte ich mir sogar die Kraft für das Warmlaufen und zuckelte im gemütlichen Trainingstempo los. Am Ziel fühlte ich mich super! Ich war allerdings auch „nur“ als 305. von 444 insgesamt ins Ziel gelaufen, aber immerhin 48. von 110 Frauen und 6. meiner Altersklasse. Dafür, dass ich sonst nicht einmal Brücken als Anstiege habe und sehr defensiv gelaufen bin, war ich mehr als zufrieden!

2. Etappe Ibbenbüren – Tecklenburg, 19.7 km, 435 HM: Diese Etappe gilt als die schwierigste, und zwar nicht nur wegen der Höhenmeter, sondern u.a. auch wegen der steilen Auf- und Abstiege, hier ging es teilweise über Treppen und sehr verwurzelte Teilstrecken. Überholen und überholt werden wechselte sich ab: Konnte der eine besser bergauf laufen, so der nächste besser bergab. Im Flachen war man dann oft gleich schnell und erkannte einige Läufer:innen der ersten Etappe wieder. Ein kurzer Schnack, bis der nächste Anstieg kam und jeder sich wieder darauf konzentrierte, auf seine Art und Weise die Anforderungen am besten zu bewältigen. Der Zieleinlauf zog sich gefühlt endlos lang den Berg hinauf. Ich kam mit letzter Kraft ins Ziel und hab mich mehr ko gefühlt, als nach meinem letzten Marathon vor 8 Jahren! Ich glaube, wenn ich die erste Strecke nicht so defensiv angegangen wäre, hätte ich die zweite nicht geschafft.

3. Etappe Tecklenburg – Mettingen, 18.73 km, 221 HM: Dies war irgendwie meine Strecke! Bei schwülwarmen 26°C lief es sich zunächst bergauf über Kopfsteinpflaster durch die Altstadt zwar etwas schwer an, aber nach ca. einem Kilometer stand ich plötzlich, da wir von der Straße auf einen Singletrail wechselten. Hier hieß es, sich nicht über die verlorenen Minuten ärgern, sondern die kurze Pause zum Kräfteschonen nutzen! Gleiches galt für den viel befahrenen Bahnübergang, den man nach ein paar weiteren Kilometern überqueren musste. Der Zieleinlauf war dann so ganz nach meinem Geschmack, weil es dort einfach nur noch bergab ging. Trotzdem merkte ich so langsam die Belastung in den Beinen.

4. Etappe Mettingen – Dickenberg, 17.34 km, 317 HM: Obwohl es sich um die kürzeste Strecke handelt, hat sie auch so ihre Tücken. So gab es u.a. ein Teilstück von 250m mit einer Steigung von 35%. Die meisten Aussteiger gibt es wohl nach dieser Etappe. Trotzdem hatte ich das Gefühl, mit jeder Etappe irgendwie stärker zu werden, und ein Blick in die Ergebnislisten gab mir recht: War ich bisher immer als sechste meiner Altersklasse eingelaufen, so lief ich an diesem Tag als fünfte ins Ziel und konnte meinen Abstand auf die vor mir rangierte Frau erstmalig verringern.

5. Etappe Dickenberg – Aasee, 22.12 km, 299 HM: Auf dieser Etappe lag die Tücke im letzten Drittel der Strecke, wo neben vielen tollen Singletrails allerdings auch noch einige Anstiege und Treppenstufen auf uns warteten. Vor der letzten Etappe schielte ich dann noch einmal auf die Ergebnislisten, und siehe da: Ich war wieder als fünfte meiner AK eingelaufen und konnte meiner „Vor-“Läuferin fast 5 Minuten abnehmen! Somit hatte sich ihr Vorsprung auf mich auf knapp sechseinhalb Minuten verkürzt. So langsam geriet mein Motto „nur durchhalten“ ins Schwanken und ich fragte mich, ob ich es wohl auf der letzten Etappe schaffen könnte, noch an ihr vorbeizulaufen? Ein sehr ehrgeiziges Ziel!

6. Etappe Aasee – Riesenbeck, 22.94 km, 215 HM: Einige Läufer:innen waren so gut gelaunt, dass sie vor dem Start zur Partymusik noch das ein oder andere Tänzchen hinlegten. Die Stimmung am Start war irgendwie besonders, da jede/r wusste, dass am Ende dieser Etappe die Belohnung in Form von Stolz, einer Medaille und einem Finisher-Shirt warteten. Eigentlich liest sich diese Etappe ja als verhältnismäßig flach, aber irgendwie gab es so viele und heftige Anstiege, dass ich der Uhr gar nicht trauen mag. Nachdem ich am Vortag nach 20 Uhr im Ziel und erst nach 22 Uhr zuhause war, am nächsten Tag aber schon wieder um 11 Uhr starten musste, fühlte ich mich irgendwie so gar nicht fit. Aber Aufgeben ist keine Option! Somit quälte ich mich an dem Tag regelrecht über die Strecke. Allerdings schien es auch vielen anderen so zu gehen, denn unterm Strich war es mein bestes Ergebnis aller sechs Tage! Ich kam als 233. von 410 insgesamt, 31. von 100 Frauen und als vierte meiner Altersklasse ins Ziel, und das als absolute Flachland-Läuferin! Ich konnte somit meiner „Vor "Läuferin über elf weitere Minuten abnehmen und mich somit im Endergebnis sogar vor ihr platzieren.

Fazit: Ein ganz toller Etappenlauf, landschaftlich und auch vom Untergrund her sehr abwechslungsreich, super organisiert, entspanntes Miteinander, super Atmosphäre, aber auch extrem fordernde Strecken und durchhalten kann man nur, wenn man sehr gut trainiert ist und/oder seine Kräfte klug einteilt. Jeder, der alle sechs Etappen schafft, ist ein Sieger. Auch wenn das Hauptziel am Anfang für die meisten Läufer:innen daher nur ankommen ist, so wird auf den letzten Etappen der Blick in die Ergebnislisten doch deutlich intensiver. Und letztendlich gilt wie immer: „Abgerechnet wird erst zum Schluss“ sowie „Der Schmerz geht, aber der Stolz bleibt“ 😉

David, Dominik, Jonas, Steffen, Andreas

Vera

Bild 2

Steigung

Bild 3

Ein Event

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